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Team-Recruiting: Personalauswahl auf Augenhöhe

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Agiles Team-Recruiting kann dabei helfen, die Anforderungen der immer dynamischeren Arbeitswelt zu erfüllen. Damit lässt sich das Reaktionstempo bei vielversprechenden Bewerbungen steigern und das Commitment des Teams von Anfang an sichern. Ein Recruiting-Prozess durch das Team soll eine optimale Besetzung im Projektteam ermöglichen und so die Fluktuation, sowie weitere durch Fehlbesetzung entstandene Probleme verringern. Denn gerade der Cultural Fit ist entscheidend für die erfolgreiche Integration neuer Organisationsmitglieder. Zudem trägt Team-Recruiting längerfristig dazu bei, dass eine agile innere Haltung und Einstellung ganz selbstverständlich ins Unternehmen getragen und dort verankert wird und so immer mehr selbst organisierte High-Performance-Teams entstehen.


Erweitern Sie Ihre Recruiting-Abteilung mit Mehrwert

Wenn Mitarbeiter ihre neuen Kollegen selbst suchen, auswählen und einarbeiten, wird dies als Team-Recruiting bezeichnet. Team-Recruiting stellt – so wie Mitarbeiterempfehlungen – eine Form des Social Recruiting dar, weil es die Kollegen in den Rekrutierungsprozess mit einbindet. Von den bislang noch häufiger in Unternehmen verbreiteten Mitarbeiterempfehlungsprogrammen unterscheidet sich Team-Recruiting darin, dass die Mitarbeiter weitaus stärker in den gesamten Prozess involviert werden. Oftmals werden sogar hohe Entscheidungsbefugnisse verliehen. Ein schneller Rekrutierungsprozess ermöglicht die Einsparung von Zeit und Ressourcen. Durch vorab geschulte Team-Mitglieder werden im Prozess gezielt die richtigen und individuell auf die Position angepasste Fragen gestellt. So wird schnell ersichtlich, ob ein Bewerber aus methodischer, aber auch sozialer Perspektive zu den Peers passt. Das gegenseitige Kennenlernen ist dabei beidseitig: Auch der Bewerber erhält die Möglichkeit, seine potenziell zukünftigen Arbeitskollegen kennenzulernen.

Tipps für die Einführung der Team-Recruiting Methode

Ein erster wichtiger Schritt sind Abstimmungsgespräche. Sowohl auf Ebene der Geschäftsführung als auch denen der jeweiligen Fachbereiche sind Abstimmung und Absegnung nötig. Schliesslich müssen, bevor von aussen die „richtigen“ Personen an Bord geholt werden können, zunächst intern alle an Bord sein. Ein weiterer Punkt, um während des Rekrutierungsprozesses tatsächlich Zeit und Ressourcen einsparen zu können, ergibt sich durch vorab getroffene Vereinbarungen bzw. Regeln und Schulungen: Vor Einführung der Methode wird daher der Prozess im Detail dokumentiert und die Interviewschwerpunkte pro Person festgelegt. Kollegen, die bisher keinerlei oder wenig Erfahrung im Bereich Recruiting hatten, werden vorab durch HR-Kollegen geschult. Ebenfalls werden für bestimmte Bereiche Gesprächsleitfäden und eine Bewertungsmatrix erstellt, sodass die spätere Abstimmung auf Basis klarer Kriterien erfolgen kann.

Beispielablauf Team-Recruiting:

Das Team setzt sich beispielsweise aus Kollegen des Projektteams, einem Manager oder Vorgesetzten der jeweiligen Fachdomäne und einem HR-Consultant zusammen. Der Ablauf basiert auf folgende Schritte:

  1. Telefoninterview durch die/den Vorgesetzte/n des Fachgebiets (i.d.R. 30-60 Min.)
  2. Persönliche Interviews:
  • Fachinterview mit einem Mitglied des Projektteams mit gleichem fachlichen Hintergrund sowie einem Vorgesetzten des Fachgebiets
  • Mehrsprachiges und bilaterales social Fit Interview mit ca. drei Kollegen aus dem Projektteam
  • Abschlussgespräch mit dem Vorgesetzten sowie dem HR Consultant mit der Möglichkeit für den Bewerber, Fragen zu stellen
  • Entscheidung durch das komplette Recruiting Team
  • HR übernimmt die weitere Abstimmung mit dem Bewerber, wie die Übermittlung des Angebots, Arbeitsvertrags oder der Absage

Die Zeit zwischen Bewerbungseingang und Vorstellungsgespräch sollte so kurz wie möglich sein, um zügig auf die steigende Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften und dem damit zusammenhängenden Wettbewerb zu reagieren. Deshalb findet auch das sogenannte Entscheidungsmeeting unmittelbar nach dem Interview statt, bei dem jedes Mitglied des Recruiting-Teams mit einem klaren «Ja» oder «Nein» abstimmt. Jeder im Recruiting Team besitzt eine gleichwertige Stimme. Gründe und Argumente für oder gegen eine/n Bewerber/in werden erst nach der Abstimmung diskutiert. So soll sichergestellt werden, dass jeder seine eigene Meinung und Sichtweise vertritt und es nicht zu einem Priming-Effekt kommt.

Nach dem Austausch der Argumente findet eine erneute, finale Abstimmung statt. Der/die Bewerber/in erhält nur dann einen Arbeitsvertrag, wenn alle für «Ja» gestimmt haben. Eine Gegenstimme im Recruiting-Team führt zu einem weiteren Gespräch mit dem/der Bewerber/in, um etwaige Fragen klären und einen zweiten Eindruck gewinnen zu können. Die bisherige Erfahrung mit diesem Recruiting-Prozess zeigt allerdings: Bewerber, die bereits in der initialen Abstimmung mindestens zwei Gegenstimmen erhalten, werden auch nach dem erneuten Austausch selten eingestellt.


Team-Recruiting im Kampf gegen den Fachkräftemangel

Die Leobersdorfer Maschinenfabrik, mit Sitz in der gleichnamigen niederösterreichischen Marktgemeinde, ist spezialisiert auf die Herstellung kundenspezifischer Hochleistungskompressoren. Sie verfolgt eine spannende Methode auf dem Weg in die Zukunft der Arbeit. Das Unternehmen setzt auf Team-Recruiting im wortwörtlichen Sinne, denn hier bestimmen auch Azubis gleichberechtigt mit. Es gilt: Von Anfang an integral im Team. Um dem Fachkräftemangel im Produktionsbereich entgegenzuwirken, hat das Unternehmen den Einstellungsprozess seiner Auszubildenden seit 2010 grundlegend umstrukturiert: Die Verantwortung für den Lehrlingsnachwuchs, sowie die Entwicklung eines neuen Bewerbungsverfahrens wurde den Auszubildenden selbst übertragen. So konnten diese auf konzeptioneller Ebene einen schriftlichen Test für die Bewerber erarbeiten, sowie ein objektivierbares Punktesystem für die Bewertung entwickeln.


An den Bewerbertagen können die Lehrlinge dies nicht nur in der Praxis umsetzen, sondern übernehmen darüber hinaus massgeblich die Führungen durch das Unternehmen, die Auswertung des von ihnen entwickelten Tests, sowie die abschliessenden Einzelgespräche mit potenziellen neuen Kollegen. Bei der Beurteilung sind Lehrlinge, Lehrlingsbetreuer und Personalleiter gleichermassen stimmberechtigt. Die Leobersdorfer Maschinenfabrik geht mit ihrem Azubi-Recruiting sogar noch einen Schritt weiter und wirft dadurch natürlich die Frage auf: Haben Berufsanfänger die nötige Erfahrung, um diese Verantwortung zu übernehmen? Die Erfolgsquote des österreichischen Unternehmens beantwortet diese Frage sehr deutlich: Die Übereinstimmungsquote von Azubi-, Ausbilder- und HR-Beurteilung von 85 Prozent spricht eine klare Sprache.


Ein weiterer Punkt, der gerade für mittelständische und noch weniger bekannte Arbeitgeber bei der Suche nach guten Bewerbern eine grosse Rolle spielt, ist die Außenwirkung. Wird ein solches, doch eher noch ungewöhnliches Konzept anfänglich teilweise belächelt und zunächst nicht ernst genommen, kann es mittel- und langfristig jedoch zu einem starken Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb werden.

Erfolg für das Recruiting-Center

Die einzigartige Rekrutierungsmethode hat in ganz Oberösterreich Aufmerksamkeit erregt und die Bekanntheit des Traditionsunternehmens enorm gesteigert. Weitere Vorteile der Einstellung von Lehrlingen durch Lehrlinge liefern die Azubis selbst: Sie kennen die zu bewältigenden Aufgaben und damit auch die notwendigen Anforderungen am besten. Zudem senkt ein Bewerbungsprozess auf Augenhöhe die Nervosität der Kandidaten und die potenziellen Auszubildenden erhalten einen guten ersten Eindruck der Arbeitsatmosphäre. Die bisherigen Ergebnisse sprechen für sich: Die Anzahl an Bewerbungen hat sich verfünffacht, die schulischen Leistungen der Azubis haben sich stark verbessert und es gab seither einen deutlichen Anstieg an ausgezeichneten Lehrabschlüssen. Diese Erfolge zeigen: Das entgegengebrachte Vertrauen und die frühe Übernahme von Verantwortung zahlt sich für die Leobersdorfer Maschinenfabrik in vielfacher Hinsicht aus. Über den direkten Einstellungsprozess hinaus sind die Azubis auch aktiv in das Unternehmensmarketing integriert: Bei Social-Media-Aktivitäten und auf Messeständen sind sie das Aushängeschild des Unternehmens.

Recruiting-Ziele für das Team & gemeinsame Evaluation

Für das Recruiting-Team greifen zunächst die allgemeinen quantitativen Recruiting-Kennzahlen. Darüber hinaus sind die Qualität des Team-Recruitings und die Zufriedenheit der Kandidaten mit dem Prozess (Candidate Experience) entscheidend. Führen Sie daher am besten regelmäßige Befragungen zu verschiedenen Zeitpunkten des Prozesses durch. Mögliche Fragestellungen könnten dabei sein:

  • Wie haben Sie die Atmosphäre im Vorstellungsgespräch/die Atmosphäre im ersten Kontakt mit dem Team empfunden?
  • War der Austausch mit dem Team hilfreich für Ihre Information/Entscheidung/Einarbeitung?
  • Weshalb haben Sie den Bewerbungsprozess abgebrochen?
  • Inwiefern würden Sie den Recruiting-Prozess ändern?

Fragen Sie zudem das Team nach den Erfahrungen in den fünf beschriebenen Prozessschritten:

  • Welche Verbesserungsvorschläge gibt es aus dem Team heraus?
  • Welchen zusätzlichen Informations- oder Schulungsbedarf äussern die Teammitglieder?
  • Wie zeitaufwendig ist das Team-Recruiting für sie?
  • Wie zufrieden sind sie mit ihrer Entscheidung und dem neuen Kollegen?

Juliane Bürkle
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