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Potenzialanalyse Mitarbeiter – Ablauf und Nutzen

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Eine neue Umfrage der MIT Sloan Management Review zeigt: Die beste Investition, die Unternehmen tätigen können um sich gegen unerwartete Veränderungen zu wappnen, ist die in ihre Mitarbeiter. Strategische Personalentwicklung stärkt die Resilienz von Unternehmen. Ein wichtiges Werkzeug in diesem Zusammenhang ist die Potenzialanalyse. In diesem Artikel erfahren Sie, wie sie abläuft und wie Sie sie nutzen, um Ihre Mitarbeiter fit für künftige Herausforderungen zu machen.


Begriffsdefinition Potenzialanalyse

Im Personalwesen bezeichnet man als Potenzialanalyse die Erstellung eines Gesamtprofils von Mitarbeitern. Anhand festgelegter Skalen wird eine systematische Beurteilung vorgenommen, sodass Talente entdeckt und Personalentwicklungsmassnahmen geplant werden können. In Rahmen der Analyse werden unter anderem die fachlichen Fähigkeiten, die Motivation und Persönlichkeitsmerkmale eines Mitarbeiters erfasst. Mithilfe dieses Profils lässt sich die Eignung für höher qualifizierte Aufgaben erkennen und eine gezielte Förderung wird möglich. Das Eignungs- beziehungsweise Potenzialprofil sollte dem Anforderungsprofil der jeweiligen Stelle entsprechen. 


Ziele einer Potenzialanalyse

Die Voraussetzung für eine erfolgreiche unternehmensweite Potenzialanalyse und -förderung ist ein gemeinsames Verständnis und eine klare Zielsetzung. Sprechen Sie unbedingt mit der Unternehmensleitung und weiteren Schlüsselpersonen. Ziele der unternehmensweiten Potenzialanalyse und-förderung können zum Beispiel sein:

  • Ein Umfeld schaffen, in dem jeder Mitarbeiter sein Potenzial entfalten und beste Leistung bringen kann. Damit werden die langfristige Beschäftigungsfähigkeit und Leistungsfähigkeit gesichert.
  • Die besten Mitarbeiter gewinnen, fördern und binden. Durch attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und eine individuelle Karriere-Planung werden Führungs-     und Führungsnachwuchskräfte gewonnen und gezielt gefördert.
  • Die bevorzugte Förderung der Mitarbeiter, bei denen besonders hohes Potenzial für die Übernahme von mehr Verantwortung gesehen wird. Hierbei kann es     sich um fachliches Potenzial wie auch um Potenzial für Führungs- oder Projektleitungsrollen handeln.


Wichtig: Bei der Potenzialentwicklung und -förderung sind die Vorgaben des AGG stets zu berücksichtigen. 


Methoden der Potenzialanalyse

Die Potenzialeinschätzung und -förderung gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Mitarbeiterentwicklung. Das angenommene Potenzial liegt schließlich in der Zukunft und kann nicht unmittelbar beobachtet werden. Trotzdem glauben viele Führungskräfte insgeheim, das Potenzial eines Mitarbeiters für weiterführende Aufgaben „aus dem Bauch heraus“ einschätzen zu können. Diese rein subjektive Bewertung ist sicher nicht immer im Sinne des Unternehmens. Wir brauchen daher möglichst objektive Methoden und Kriterien zur Potenzialerkennung. Ohne diese gibt es keine Vergleichbarkeit und faire Potenzialförderung ist unmöglich.


Der HR-Werkzeugkasten enthält verschiedene Methoden zur Durchführung einer Personalanalyse. Dazu gehören zum Beispiel strukturierte Fragebögen, Einzel-Assessments, 360-Grad-Feedbackanalysen und auch das Potenzialgespräch mit der Personalabteilung: 


Einzel-Assessment

Das verhaltens- bzw. tätigkeitsorientierte Assessment-Center ist eine weit verbreitete und recht ausgereifte Methode der Potenzialeinschätzung. Die Idee dabei ist, den Mitarbeiter mit zukünftigen Aufgaben bzw. typischen Führungssituationen zu konfrontieren und ihn bei der Bewältigung zu beobachten. Diese Methode wird von Fachleuten allerdings kontrovers diskutiert. Daher sollte die Treffsicherheit einer so getroffenen Potenzialaussage kritisch hinterfragt werden.


Ein Development-Assessment-Center wird eingesetzt, wenn es um einzelne Führungskräfte und spezifische Fragestellungen geht. Das kann zum Beispiel die Frage sein, ob eine Person geeignet ist, die Verantwortung für ein grösseres Projekt zu übernehmen oder einen Standort im Ausland aufzubauen. Das Assessment wird von einer neutralen und qualifizierten Beraterin durchgeführt und setzt sich aus mehreren Modulen zusammen. Das Ergebnis wird zum Schluss in einem Gutachten zusammengefasst. Diese Module können Teil des Assessment-Centers sein:

  • Strukturiertes Interview zum bisherigen Werdegang (Lebenslauf)
  • Selbstbefragung / Befragung der Führungskraft zur aktuellen Aufgabenerfüllung / Leistung und Potenzialeinschätzung
  • Fallstudien/ Rollenspiele, die die zukünftige Führungssituation simulieren
  • Persönlichkeitsverfahren, persönliche Präferenzen
  • Testverfahren


Der abschliessende Bericht fasst Stärken und Schwächen, mögliche Chancen und Gefahren sowie persönlichen Präferenzen des jeweiligen Mitarbeiters zusammen. Eine Potenzialeinschätzung sowie Empfehlungen für die Weiterentwicklung schließen den Bericht ab.


Achten Sie im Vorfeld unbedingt auf eine transparente Kommunikation und geben Sie der Kandidatin bzw. dem Kandidaten im Anschluss ein faires und qualifiziertes Feedback. Nur so gewinnen Sie Motivation undVertrauen für die Massnahme und erhalten diese auch im weiteren Prozess. Denn ohne Vertrauen können Sie auch das grösste Potenzial im Unternehmen nicht „heben“.


So könnte die Kurzauswertung eines Development-Assessments aussehen:



360-Grad-Feedbackanalysen

360-Grad-Feedback-Instrumente kommen immer häufiger zum Einsatz. Das System beruht auf einer Beurteilung von Verhaltensweisen, die massgebend für erfolgreiches Führen sind. Beurteiler sind nicht nur die Führungskraft, sondern auch Kollegen, Kunden oder Lieferanten sowie die Person selbst. Durch die unterschiedlichen Perspektiven können Sie wertvolle Anregungen für Entwicklungsmassnahmen erhalten. Durch das umfassende Feedback ist der Mitarbeiter in der Lage, gezielt an der eigenen Weiterentwicklung zu arbeiten.


Bei dieser Feedback-Form spielt der Prozess eine entscheidende Rolle: Die Betroffenen müssen ausreichend informiert werden, die Durchführung und Auswertung muss professionell ablaufen und schliesslich sollten geeignete Entwicklungsmassnahmen empfohlen werden. 


Potenzialgespräch mit HR

Eine sehr flexible Methode, eine Potenzialeinschätzung zu überprüfen, ist das Potenzialgespräch mit HR. Hier kann die Potenzialaussage einer Führungskraft auf „neutralem Boden“ mit einem strukturierten Interview verifiziert werden. Der Vorteil ist, dass die Motivation des Potenzialträgers hier unabhängig vom Interesse der Führungskraft betrachtet werden kann. Einige Unternehmen nutzen diese Methode auch, wenn Potenzialträger sich selbst benennen. Das heisst, Mitarbeiter denken, Potenzial für mehr Verantwortung zu haben, ihre Führungskraft sieht das aber anders und möchte sie nicht aus ihrer jetzigen Tätigkeit heraus entwickeln.


Der Prozess sollte bewusst als eine Möglichkeit derPotenzialerkennung installiert sein und nicht versteckt ablaufen. Dann fühlt sich die Führungskraft nicht übergangen und der Mitarbeiter muss nicht „heimlich“ um ein Gespräch bitten. Um Enttäuschungen zu vermeiden, sollte die Erwartungshaltung des Mitarbeiters von Anfang an richtig gesetzt werden. Sie können eine positive Potenzialaussage nicht versprechen, aber möglicherweise Entwicklungsempfehlungen geben oder eine spätere Wiederholung in Aussicht stellen. 


Fazit: Der richtige Umgang mit Potenzialaussagen zählt

Eine Potenzialanalyse für einzelne Mitarbeiter ist nur dann wirksam, wenn mit den festgestellten Potenzialen richtig umgegangen wird. Das ist natürlich leichter gesagt als getan und verdient im Grunde genommen einen eigenen Artikel. Mit transparenter und offener Kommunikation können Sie als Personalentwickler jedoch zu einer realistischen Erwartungshaltung bei den betroffenen Personen beitragen.


Frustration bei identifizierten High-Potentials vermeiden Sie, indem Sie regelmässig eine gezielte Bedarfsplanung für Führungsnachwuchs durchführen. So können Sie die Erwartungshaltung der betroffenen Personen in einen gesunden Wettbewerb kanalisieren und vermeiden, dass Sie mehr Führungsnachwuchs fördern als das Unternehmen benötigt.


Offenes und ehrliches Feedback gibt den Potenzial-Kandidaten eine Orientierung wo sie stehen und was sie noch lernen müssen, um tatsächlich eine Führungsposition zu erhalten. Das ist umso wichtiger, wenn sich herausstellen sollte, dass eine Person das vermutete Potenzial nicht realisieren kann oder will. In diesem Fall können alternative Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Machen Sie daraus keine „Karriere zweiter Klasse“, sondern bieten Sie gezielt Orientierungsmassnahmen an, nach denen die Mitarbeiter entscheiden können, wo sie ihr Potenzial am liebsten realisieren möchten.


Die richtige Erwartungshaltung, offenes Feedback und alternative Karriere-Wege machen die Potenzialanalyse und -förderung zu einem wirksamen Mittel der Kompetenz- und Mitarbeiterentwicklung und damit zur wesentlichen Stütze der Unternehmensentwicklung.


Christoph Herzog
Redakteur Haufe Talent

Christoph Herzog interessiert sich für Menschen und dafür, wie sie im digitalen Zeitalter besser zusammenarbeiten. Er ist Redakteur bei der Haufe Group, Vater einer Tochter und läuft gerne auf schmalen Pfaden.