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Wie funktioniert Motivation ohne Leistungsziele?

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In vielen Unternehmen werden Leistungsziele genutzt, um Ressourcen zu fokussieren und die Motivation von Mitarbeitern zu fördern. Ein Unternehmen lässt sich aber auch ganz ohne Leistungsziele führen, wie das Beispiel in diesem Artikel zeigt.


Flache Hierarchien und Eigenverantwortung – so lautet das Motto bei Trivago.

Trivago ist eine Hotel-Metasuchmaschine, die Hotelpreise vergleicht. Nach eigenen Angaben vergleicht Trivago über 200 Online-Buchungsseiten für 1,3 Millionen Hotels in mehr als 190 Ländern. Gewinne werden via Pay-per-Click erwirtschaftet. Im Jahr 2005 gegründet, beschäftigt die mit Hauptsitz in Düsseldorf ansässige Firma knapp 1.000 Mitarbeiter.


Die Mitarbeiter des Unternehmens arbeiten in weitgehend unabhängigen Teams, in denen grösstmögliche Transparenz herrscht – jeder weiß über alles Bescheid. Die Entscheidungen werden bottom-up getroffen und sollen möglichst nah an der Informationsbasis gefällt werden. Die Befähigung der Mitarbeiter bildet den Grundstein für intrinsische Motivation, welche für Mitgründer Rolf Schrömgens das oberste Ziel bei der Mitarbeiterführung ist.


Intrinsische Motivation ist in der Forschung bereits mehrfach als bedeutender Stellhebel zur Förderung von Unternehmensleistungen bestätigt worden. Neben der Gesamtperformance werden durch eine hohe intrinsische Motivation auch kreative Prozesse sowie die Innovationsfähigkeit positiv beeinflusst. [1]


Dementsprechend gibt es bei Trivago keine spezifischen Leistungszieleunbegrenzten Urlaubvier Tage Party mit den Kollegen und einen Monat pro Jahr darf von Mallorca aus gearbeitet werden. Aufgrund fehlender Leistungsziele werden die Mitarbeiter ausschliesslich an den Trivago-Werten (Vertrauen, Echtheit, unternehmerische Leidenschaft, Macht der Argumente, klarer Fokus und Lernen) gemessen. Auch die Bonuszahlungen sind nicht an Ziele gebunden. Situative Ad-hoc-Boni werden spontan gezahlt, sind dabei jedoch nicht transparent.


Erfolgsfaktor Kommunikation – ist gleichzeitig die grösste Herausforderung

Informationsaustausch ist für Schrömgens der kritischste Erfolgsfaktor einer Firma, der durch Hierarchien zumeist eingedämmt wird. Bei Trivago haben die Führungskräfte deswegen keine Titel und keine eigenen Büros, um „Status-Asymmetrien“ entgegen zu wirken und eine barrierefreie Kommunikation zu ermöglichen. Das so entstehende Empowerment von Mitarbeitern wirkt sich nachweislich förderlich auf die intrinsische Motivation aus [1] und wird als Erfolgsvoraussetzung für Konsens bei Entscheidungen erachtet.


Eine Herausforderung bei Trivago betrifft die hierarchiefreie Kommunikation. Kritische Meinungen von Bewertungsportalen thematisieren einen mangelhaften Informationsfluss über die Hierarchien hinweg. Zudem gilt: Barrierefreie Kommunikation mit direktem, abteilungsübergreifendem Zugang trifft noch keine Aussage über Geschwindigkeit und Qualität der Entscheidungen.


Ein weiterer Stolperstein sind fehlende konkrete Ziele. Wie in der sogenannten Zielsetzungstheorie [2] verankert, werden Motivation und Leistung massgeblich durch spezifische Ziele (Leistungsziele) und Rückmeldungen über die Zielerreichung beeinflusst. Dieser Lehrmeinung setzt Trivago das Bild der eigenen Firma als Lernorganisation entgegen, die sich durch schnelles Lernen stets verbessert und dadurch insgesamt erfolgreich ist und bleibt.


Am Ende bleibt die Frage der Kultur auch eine Frage der Passung: Nicht für alle ist das Modell passend – je mehr Vorerfahrung ein Mitarbeiter aus klassischeren Organisationssettings mitbringt, desto schwerer findet er sich in einer Organisation ohne Leistungsziele zurecht. Damit begründet sich wohl auch der eher niedrigere Altersdurchschnitt der Mitarbeiter von 29 Jahren. Die rund 50.000 Bewerbungen bei Trivago pro Jahr sprechen allerdings auch für grossen Zuspruch zum Modell.


Was macht Trivago sonst noch?

Ein weiterer Aspekt, der flachere Hierarchien fördern soll, ist das zweimal jährlich stattfindende 360-Grad Feedback, bei dem sich die Kollegen gegenseitig bewerten. Die Mitarbeiterzufriedenheit wird wöchentlich erfasst, indem die Mitarbeiter dies anhand eines Smileys zurückmelden. Ausserdem wird an einem Peer-Bonussystem gearbeitet. Dabei soll jeder ein Budget für Boni erhalten, das er beliebig an die Kollegen in anderen Teams verteilen kann.


[1] Zhang, X. & Bartol, K. M. (2010). Linking empowering leadership and employee creativity: The influence of psychological empowerment, intrinsic motivation, and creative process engagement. Academy of Management Journal, 53(1), 107-128.

[2] Locke, E.A. & Latham, G.P. (1990). A Theory of Goal-Setting and Task Performance. (Englewood Cliffs, NJ: Prentice Hall)


Christoph Herzog
Redakteur Haufe Talent

Christoph Herzog interessiert sich für Menschen und dafür, wie sie im digitalen Zeitalter besser zusammenarbeiten. Er ist Redakteur bei der Haufe Group, Vater einer Tochter und läuft gerne auf schmalen Pfaden.